Kaum einer weiß, dass die Anzahl der Molkereien, die Milch vertreiben, die aus Weidehaltung oder von Milchbetrieben stammt, die auf für Kühe schmerzhafte Anbindehaltung verzichten, weiterhin gering ist. Das ergab die zweite Abfrage von Greenpeace bei 19 Molkereien in Deutschland, die zusammen zwei Drittel der hierzulande produzierten Milch verarbeiten (alle Ergebnisse hier).
Kühe sind eigentlich Weidetiere, die im Stall nicht ihrem natürlichen Verhalten gemäß leben können. Lediglich die Molkereien Hamfelder Hof, Upländer Bauernmolkerei (je 100 Prozent) und Andechser (85 Prozent) vertreiben überwiegend Milch aus Weidehaltung. Einen signifikanten Anteil Weidemilch weisen außerdem Berchtesgadener Land (52 Prozent), Schwarzwaldmilch (50 Prozent) und Ammerland (42 Prozent) sowie Arla und DMK (mit jeweils 30 Prozent und Gropper (25 Prozent) auf. Alle anderen Molkereien verarbeiten weiterhin keinen oder einen zu vernachlässigenden Anteil an Milch von Kühen mit Weidegang. ”Verbraucher:innen können der Milch nicht ansehen, wie die Kühe gehalten werden. Das nutzen Marken wie Bärenmarke aus”, sagt Lasse van Aken, Agrarexperte von Greenpeace. “Bärenmarke ist billige Industriemilch, die zum Wucherpreis verkauft werden kann, weil die Werbung den Menschen erzählt, Bärenmarke wäre ein hochwertiges Produkt.“
Abgefragt wurde auch, ob Zuschläge für Weide- bzw. Biomilch bezahlt werden. Kühe auf der Weide zu halten, wirkt sich positiv auf die Gesundheit der Tiere aus, ist positiv für die Artenvielfalt und das Klima. Weide-Trinkmilch hat sich in den Regalen der Supermärkte fest etabliert. Doch bei Joghurt, Käse und anderen Molkereiprodukten suchen Verbraucher:innen meist vergeblich.
Wenig Transparenz und keine fairen Preise
Einige der bekanntesten Molkereien wie Hochwald (Bärenmarke), Müller (Weihenstephan), Frischli und Bayernland wollten keine Angaben machen und sind daher auf den letzten Plätzen gelandet. Bei Bauer, Bayerische Milchindustrie und Zott ist der Anteil an Weidemilch nur sehr gering. Anders als bei Bio- oder Weidemilch bieten diese Molkereien kaum Zusatzleistungen, etwa bei Tierwohl und fairen Preisen für die Milcherzeuger:innen. „Kühe auf der Weide zu halten, kostet die Landwirt:innen mehr Geld und muss von den Molkereien fair entlohnt werden“, sagt van Aken. “Wer Milch, Joghurt oder Käse kauft, muss leider davon ausgehen, dass diese oft von Kühen stammen, die tierschutzwidrig gehalten werden. Eine Umstellung auf Weidemilch ist zwingend notwendig.”
Am Samstag (7. September) protestieren Aktive von Greenpeace in mehreren Städten vor Supermärkten für eine artgerechte Haltung von Milchkühen auf der Weide. Mit einer zwei Meter hohen Milchtüte informieren sie über die Folgen der Milchproduktion bekannter Hersteller wie Bärenmarke und Weihenstephan für Kühe, Artenvielfalt und Klima.
Das Ranking finden Sie hier.
Links: Molkerei-Ranking
Quelle: Greenpeace

Kühe auf der Weide wirken sich positiv
auf Flächenverbrauch, Klima und Tierwohl aus

Neue Greenpeace-Studie: Grasfütterung für Kühe macht Milchproduktion nachhaltiger

Würden Rinder in Deutschland mit mehr Gras und Heu statt mit Mais und Kraftfutter gefüttert, wirkte sich dies positiv auf den Flächenverbrauch, die Gesamtproduktion von Nahrungsmitteln, das Klima und das Tierwohl aus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) Schweiz im Auftrag von Greenpeace (https://act.gp/3VnCHni). Obwohl die produzierte Milchmenge deutlich sinken würde, könnten dafür über zwei Millionen Hektar Ackerflächen für Nahrungsmittel frei werden und der Ausstoß von Treibhausgasen um ein Drittel abnehmen. „Die Milchindustrie gaukelt Verbraucher:innen vor, dass Kühe vor allem Gras und Heu fressen. Doch die heutigen Milchmengen sind nur möglich, wenn die Tiere viel Silomais und Kraftfutter bekommen“, sagt Martin Hofstetter, Landwirtschafts-Experte von Greenpeace. „Wir müssen die Kuh wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: ein exzellenter Verwerter von Grünland, das der Mensch ansonsten nicht bewirtschaften kann.“

Ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland besteht aus Grünland. Grünland darf aus ökologischen und klimatischen Gründen nicht bewirtschaftet werden oder ist nicht für Ackerbau geeignet. Oft handelt es sich um Hanglagen oder der Boden ist zu feucht, zu steinig oder zu tonhaltig, um ihn zu pflügen.

Das FiBL hat in drei verschiedenen Szenarien berechnet, wie sich die Anzahl der Rinder, die Menge an erzeugter Milch und Rindfleisch gegenüber heute verändert, wenn der Anteil an Gras im Futter zwischen 85 und 100 Prozent liegt. Dabei wurde auch der Einfluss auf die Treibhausgasemissionen untersucht.
Politik sollte Wandel durch Prämien, höhere Standards und bessere Produkt-Kennzeichnung fördern

Ohne den Einsatz von Maissilage und energiereichem Kraftfutter würde die durchschnittliche jährliche Milchmenge je nach Szenario um bis zu 50 Prozent sinken. Auch die produzierte Fleischmenge würde deutlich zurückgehen. Gleichzeitig würden aber 2,4 Millionen Hektar Ackerflächen frei, auf denen bisher Mais und anderes Ackerfutter für Kühe und Mastrinder angebaut werden. Auf diesen Flächen könnten direkt Nahrungsmittel für den Menschen angebaut werden. So ließen sich zweieinhalb bis dreieinhalb Mal mehr pflanzliches Protein erzeugen, als an tierischem Protein durch die Reduktion von Milch- und Fleischproduktion wegfielen. Passend dazu hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vergangene Woche eine neue Empfehlung herausgegeben: Sie rät zu einer stärkeren Umstellung von tierischen auf pflanzliche Lebensmittel und eine Senkung des Konsums von Milchprodukten um ein Drittel.

„Die Politik sollte dringend handeln und die Bewirtschaftung von Grünland beispielsweise durch eine Weideprämie fördern. Durch höhere Standards im Tierschutz bei der Rinderhaltung und staatliche Regeln zur Kennzeichnung von Weidemilch kann die Politik dabei helfen, dass Rinder wieder vermehrt Gras erhalten“, sagt Hofstetter. „Das fördert die Gesundheit der Tiere und schützt das Klima und die Artenvielfalt.“

Quelle: Greenpeace im März 2024